01.12.2014

Mindestbesteuerung bei sog. Definitiveffekten nach Auffassung des Bundesfinanzhofs verfassungswidrig


Unternehmensverluste können in künftige Jahre vorgetragen werden und mindern dann die Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- bzw. Gewerbesteuerbelastung. Der Verlustvortrag ist allerdings betragsmäßig begrenzt, sodass ein Unternehmen unter Umständen in den Folgejahren Steuern bezahlen muss, obwohl es noch über Verlustvorträge verfügt (sog. Mindestbesteuerung).

Der Bundesfinanzhof hält diese Regelung zumindest in den Fällen für verfassungswidrig, in denen der Verlust und der spätere Gewinn auf demselben Rechtsgrund beruhen, zwischen beiden also ein innerer Sachzusammenhang besteht, und der Verlustvortrag sich wegen Liquidation der Gesellschaft steuerlich nicht mehr auswirken kann. Er hat deshalb die entsprechende gesetzliche Regelung dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, da nur dieses ein Gesetz für verfassungswidrig erklären kann.

Beispiel zur Körperschaftsteuer:

Die A‑GmbH hat gegen X eine Forderung in Höhe von 4 Mio. €, die sie in 2012 wegen Uneinbringlichkeit abschreibt. Ihr Verlust in 2012 beträgt ebenfalls 4 Mio. €. Im Jahr 2013 wird die Forderung wieder werthaltig, sodass die Teilwertabschreibung rückgängig gemacht wird. Die GmbH erzielt einen Gewinn von 4 Mio. €. In 2014 wird über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet, es fallen nur noch Verluste an.

Lösung nach bisheriger Rechtslage:

Die A‑GmbH kann von dem Verlust 2012 in 2013 nur 2,8 Mio. € (1 Mio. zzgl. 60 % von 3 Mio.) von ihrem Gewinn abziehen, sodass sie auf 1,2 Mio. € Steuern zahlen muss. Den restlichen Verlust in Höhe von 1,2 Mio. € kann sie zwar in spätere Jahre vortragen. Da sie aber liquidiert wird, bleibt der Verlustvortrag ohne steuerliche Auswirkung.

Diese endgültige steuerliche Nichtberücksichtigung von Verlusten hält der Bundesfinanzhof für verfassungswidrig. Ob die Mindestbesteuerung auch dann verfassungswidrig ist, wenn kein innerer Sachzusammenhang zwischen Verlust und späterem Gewinn besteht, bleibt offen. Man muss abwarten, ob und inwieweit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Klarheit schafft.

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